Die Katze
Warum zur Hölle haben die hier gestreut? Es ist doch mitten im Juni, da streut man doch nicht. Es ist doch mitten im Juni, oder?
Celia war sichtlich verwirrt. Wenn sie sich doch nur ein wenig weniger gewundert hätte, hätte sie merken können, dass es weder ein listiger weißer Hase, noch sonst irgendein Streichspieler war, der hier die Straße mit kleinen, knackenden und knisternden Steinchen bedeckt hatte. Auch hätte sie dann merken können, wie ungewöhnlich diese Steinchen waren und wie sehr sie in der Abendsonne glitzerten.
Doch Celia war noch lange nicht wach. Und das, obwohl es schon kurz nach sieben war. Uhrzeit hatte keine Bedeutung für sie, denn Leben konnte sie am Besten dann, wenn sie von niemandem gestört wurde. Ob spätnachts Luftschlösser zusammen träumend durch die Straßen wandernd oder früh am Morgen als erste am Eisstand spielte dabei keine Rolle. Hauptsache, sie hatte das Ruder ihres Lebensbootes immer fest im Griff.
“Gottverdammter Drecksmist. Diesmal werde ich bestimmt gefeuert.”
Robert hatte es mal wieder geschafft. Das ganze Tablett voller Würfelzuckerbecher für die Tische auf der anderen Straßenseite war ihm in hohem Bogen entglitten. Hätte er doch bloß nicht der Katze hinterhergeschaut. Zum Glück lag der Eisladen in dem er seit ein paar Wochen arbeitete in einer der vielen Fußgängerzonen der Stadt. Sonst wäre das Chaos wohl gar nicht mehr fassbar gewesen.
Während er sich Besen und anderes Reinigungsutensil noch holte, hatte Celia endlich die Wahrheit über diese seltsam glitzernden Steinchen herausgefunden. Nun stand sie strahlend mitten auf dem Weg, tänzelte bald ein wenig und verlor sich in ihrem Wunderland.
Vertieft darin möglichst schnell und unauffällig das Zuckerdesaster zu beseitigen, bemerkte Robert erst sehr spät das kleine, verträumte Mädchen dort mitten in seinem Zuckerstückchenfeld. Celia sah ihn unverwandt an. Beinahe glaubte er, sie würde nur durch ihn hindurchschauen, irgendwo in das schöne Leere, das Tunnelende, zu dem alle schauen, wenn sie träumen. “Kaffee?”, fragte Celia, lächelnd auf den Boden zeigend.