Die Straßenlaterne
Die Straßenlaterne wollte in ihrem langweilig vor sich hinglimmenden Leben endlich mal etwas erleben und positionierte den Briefkasten derart um, dass er fast einem Taxi zum Verhängnis wurde.
In Wahrheit war die Geschichte jedoch ganz anders, doch der zufällig vor Ort gewesene Hund würde sich hüten, irgendjemandem die Wahrheit zu erzählen. Zumal er seine Stimme schonen musste, übermorgen stand schließlich der alljährliche Bellwettbewerb an.
In Wahrheit also, und dass weiß ich nur, weil mir eben dieser Hund sehr großes Vertrauen schenkt und wir seit Jahren eine umfangreiche Briefkorrespondenz führen - nun, ich schweife ab. In Wahrheit also, war es der Taxifahrer.
Das scheint etwas unglaubwürdig werden Sie sagen. Nun, da haben Sie durchaus recht. Aber Sie müssen schon zugeben, dass ein glimmendes Dasein vielmehr zu einem Taxifahrer, als zu einer stolz ihrer ganzen Umgebung Licht spendenden Straßenlaterne passt. Wie gut, dass wir uns in diesem Punkte einig sind. Der Hund - Manfred von Reinhardshausen heißt er übrigens - schrieb also in seinem Brief ausführlichst - Der Herr in dem braunen Jacket soll sich doch bitte ein paar schönere Hundenamen ausdenken, wenn ihm dieser nicht gefällt - wie auch immer, Manfred schrieb mir also, dass er beweisen können, dass sich diese selbstsüchtige Lampe da etwas zu vorteilhaft ins Licht rücken wollte. Oder den Taxifahrer? Sie sehen, ich bin verwirrt. Ich hoffe, sie sind auch schon lange vom roten Faden abgekommen, falls nicht habe ich die beunruhigende Mitteilung zu überbringen, dass der Hund leider mit seinen Ausführungen nicht fortfahren konnte, da ihm die listige Katze Miranda, deren Domizil sich in einem gemütlichen Eckchen des Briefkastens befindet, sein wunderschönes rotes Erzählungswollkneuel erblickt hatte und nun mit seinem unserem diesem rotem Faden Katzeweißwas anstellte.
Warum Sie gekommen sind? Wer weiß, vielleicht hatten sie gehofft, dieser drollige Hund neben mir könne tatsächlich solch irrwitzige Geschichten erzählen.
Es war übrigens der Briefkasten, er hatte ein paar traurige Liebesbriefe zu viel abbekommen und wollte seinem Dasein ein Ende setzen.