Meine Name ist nicht deine Entscheidung
Ich habe heute im Laufe des Tages mehrere Verweise auf mynameis.me gesehen, zuletzt in einem Google+-Post (Wie schreibt man das mit sinnvoller Zeichensetzung?), der den, typisch zur gerade mal wieder in Mode gekommenen Fuck yeah-Memmaschinerie, Tumblelog fuckyeahpseudonyms, welches jeden dazu einlädt, seine Meinung zum Klarnamen/Pseudonym-Zwang im Internet zu vermelden.
Nunja. Vor einigen Tagen habe ich mich bei Pottermore registriert. Dort wurde ich mit einer der wohl restriktivsten Lösungen zu diesem ganzen Problem konfrontiert: Das System vergibt die Nutzernamen. Die durchaus einleuchtende Erklärung, die dort dazu abgegeben wurde, lautete ungefähr “Wir machen das zum Schutz der Kinder.” Jetzt kann man sich natürlich fragen, inwiefern ein Name wie PhoenixMagic80 Menschen, die es auf den Schaden oder das Verletzen anderer in jeglicher Form abgesehen haben, von diesem Vorhaben abhalten wird. Ich möchte behaupten gar nicht. Da könnte man auch gerade an dieser Stelle wunderschön aus Harry Potter zitieren:
Die Angst vor einem Namen macht nur noch größere Angst vor der Sache selbst.
(J. K. Rowling - Harry Potter, in diverse Bänden)
Ich persönlich habe seit Jahren ein Pseudonym (eFrane) in weiten Teilen des Internets, habe aber auf bestimmten Plattformen schon immer meinen Klarnamen angegeben. Mittlerweile ist es für niemanden, der wirklich wissen will, wer sich hinter diesen fünf Buchstaben verbirgt, mehr ein Problem, dem auf den Grund zu gehen. Das stört mich auch nicht. Trotzdem finde ich es wichtig, dass jedem Mensch die freie Wahl darüber gelassen wird, wie er sich nennt. Die Tatsache, dass wir bei der Geburt einen Namen kriegen, bedeutet ja nicht, dass wir mit diesem Namen unser ganzes Leben verbringen müssen.
Was mich an der momentanen Richtung der Debatte stört, ist die Fokussierung auf das Internet. In leicht abgewandelter Form könnte man obiges Zitat hernehmen: “Die Angst vor einem Medium macht nur noch größere Angst vor dem Problem selbst.” – Und wir haben Angst vor diesem Medium. Ich nicht, und viele andere in meinem Umfeld auch nicht, wahrscheinlich fast keiner, der sich jetzt – egal ob auf mynameis.me oder auf fuckyeahpseudonyms oder sonst irgendwo in diesem Kommunikationskonglomerat – zu diesem Thema äußern wird, aber trotz allem bleiben da eine ganze Menge Menschen übrig, die sehr offensichtlich in irgendeiner Form Angst vor diesem Medium haben. Doch eigentlich sollten sie Angst vor dem haben, was daraus entstehen kann. Das Internet ist, ich twitterte so etwas in der Art vor einer Weile schon mal, gewissermaßen das moderne Forum Romanum. Hier werden die tagesaktuellen Themen diskutiert, hier kann man mitreden, hier beginnt Veränderung. Und ab und an kommt solch eine Veränderung eben an einen Punkt, wo sie aus dem Digitalen heraus in das Analoge geholt werden muss. Ich glaube, in Bezug auf die frei Wahl des eigenen Namens sind wir im Grunde schon lange an diesem Punkt vorbei.
Es ist wichtig, festzuhalten, dass es gute Gründe gibt, irgendwo in der Gesellschaft nicht mit dem Namen aufzutreten, der einem gegeben wurde. Tatsache ist aber auch, dass viele dieser Gründe wegfallen würden, wenn es – was meiner Ansicht nach sowohl eine notwendige Bedingung als auch Folge freierer Namenspolitik wäre – mehr Toleranz und Akzeptanz untereinander gäbe.